Erst nach Jahren erfuhr ich dann von PSSD und mir ging ein Licht auf

Mein Name ist Simon, bin 35 und komme aus dem Norden Deutschlands. Ich leide nunmehr, seitdem ich 17 bin an PSSD. Im Folgenden werde ich erzählen, warum ich SNRIs genommen bzw. diese verschrieben bekommen habe.

Im Alter von 15 Jahren bin ich durch die Trennung meiner Eltern in eine andere Stadt gezogen, die ca. 100 km von meiner alten Heimat entfernt lag. Dadurch musste ich natürlich auch die Schule wechseln, was natürlich in dem Alter nicht wirklich schön ist, da ich dadurch meine Freunde viel weniger sehen konnte. Zudem kam ich mit meinen neuen Klassenkameraden nicht gut klar und wurde gemobbt.  Zwei Jahre hielt ich es in der Schule aus, bis ich diese letztendlich nach der neunten Klasse abgebrochen habe. Meine Mutter kaufte mir in dieser Zeit ein 125er Motorrad, damit ich, zumindest am Wochenende, wieder in meine alte Heimat fahren konnte.

Mir ging es zu dem Zeitpunkt schlecht und so suchte ich einen Psychologen auf. Ich schilderte ihm meine Probleme, worauf er mir Trevilor (Venlafaxin) verschieb.

"Anzumerken wäre, dass das Gespräch keine 10 Minuten gedauert hat."

Zu dem Zeitpunkt war ich noch so blauäugig, dem Arzt vollstens zu vertrauen und so nahm ich die Tabletten. Direkt am ersten Abend bekam ich Schweißausbrüche und fühlte mich sehr unwohl, sodass ich nur im Bett liegen konnte. Nach einem Tag verschwanden die Symptome und so nahm ich das Medikament weiter ein. Ich merkte schnell, dass sich der Samenerguss sehr lange hinzog und es schwierig war zu „kommen“. Bevor ich das Medikament einnahm, hatte ich eine sehr ausgeprägte Libido, woran ich mich noch gut erinnern kann. Da das Ganze in einem Alter passiert ist, in dem man sich noch entwickelt, hat die veränderte Situation natürlich mega an meinem Selbstwert genagt. Das schlimmste war das Gefühl, nicht zu wissen, was mit einem los ist.

Nachdem ich das Medikament abgesetzt hatte, klappte es mit dem Ejakulieren wie früher, nur der Orgasmus war so gut wie verschwunden und die Libido war bei null. Den „Orgasmus“ wenn man das überhaupt noch so nennen kann, merkte ich nur noch ganz leicht am Penis, was auch heute noch immer so ist. Meistens ist es sogar so, dass ich gar nichts spüre. Auch merkte ich, wie viele Emotionen wie Freude, aber auch Trauer verschwunden sind.

Ich sah damals noch keinen Zusammenhang mit dem Medikament und von PSSD wusste ich auch noch nichts. Dennoch recherchierte ich Hunderte Stunden im Internet, besuchte einen Arzt nach dem anderen und probierte unzählige Medikamente. Ich war bei jedem Urologen, den ich in der Nähe finden konnte, war mehrfach im MRT, habe Hypnosetherapie versucht und war bei Sexualtherapeuten. Mich hat das Ganze mehrere tausend Euro gekostet, da viele dieser Ärzte Privatpraxen hatten.

"Auch war ich lange Zeit in einer Gruppentherapie, da alle Ärzte meinten, die Probleme müssten psychischer Natur sein, da körperlich nichts festzustellen war."

Mit wurden zig verschiedene andere Antidepressiva verschrieben, welche ich auch nahm. Ich hatte nie positive Effekte durch diese.

Erst nach Jahren erfuhr ich dann von PSSD und mir ging ein Licht auf. Es war zumindest ein gutes Gefühl, nach all den Jahren zu wissen, was mit mir los war. Damals dachte ich noch, dass der Zustand vielleicht eine Zeit lang so bleiben wird, aber sicher bald ein Heilmittel entdeckt wird. Nun ja, mittlerweile bin ich wie gesagt 35 und es gibt noch kein Licht am Ende des Tunnels. Ich habe mich an die Situation gewöhnt und führe soweit ein gutes Leben. Ich habe einen Sohn, ein schönes Haus, habe gerade meinen Meister gemacht und bin zufrieden, soweit dies mit PSSD möglich ist.

 

Ich hatte schon sehr viele Beziehungen, nur leider gehen diese immer wieder in die Brüche, was natürlich durch die nicht vorhandene Libido sowie die Emotionslosigkeit zustande kommt. Bei jedem sind die Symptome ja etwas anders. Mich frustriert am meisten die komplett nicht vorhandene Libido, was, wie ihr euch vorstellen könnt, bei Zweisamkeit mit einer Frau zu nicht unerheblichen Problemen führt. Ich würde mir sehr wünschen, dass es bald ein Heilmittel gibt, um zumindest den Rest des Lebens die Sexualität noch genießen zu können.